Pilsbier-Arena. Später Mittwoch Abend. Abpfiff. Alles streckt die Arme in die Luft. Befreite Rufe. Ein bisschen geil, es trotz aller Widrigkeiten geschafft zu haben. Ein bisschen unfassbar, dass man jetzt wieder Sachen über die 16 besten Mannschaften Europas lesen und hören wird. Ein bisschen Schade, dass man das im Osten auch tut.

Schalke ist im Achtelfinale der Champions League. Kein Witz. Was irgendwie fast schon als Forderung im Raum stand, ist bei näherem Betrachten geradezu ein unglaublicher Fakt.

Apropos näheres Betrachten. Das muss ich euch erzählen!! Ich war gestern das erste Mal mit meiner Brille im Stadion. Und es war FANTASTISCH. Ich konnte sehen, was vorm anderen Tor gespielt wird. Ich konnte sehen, was die Fans in der Süd so machen. Ich habe die Rückennummern im Strafraum gegenüber erkannt. Ach was… Ich habe überhaupt zum ersten mal Rückennummern erkannt ohne sie mir aus einer Mischung aus Ziffernanzahl, Position, Hautfarbe, Frisur und Gangart zusammenzureimen. Und überhaupt viel es mir viel leichter das Spiel durch das Hintertornetz zu beobachten. Ich wusste ja bisher nicht, dass man so viel besser sehen kann, als ich es tue. Hätte mir ja mal einer sagen können. Wäre irgendwie das Mindeste gewesen.

„Wer hat das Tor gemacht?“
„skAndy, das hat man doch glasklar gesehen, Szalai war’s (Sorry, kleiner Witz meinerseits). Du hast eine ziemlich krasse angeborene Hornhautverkrümmung und durftest eigentlich noch nie Autofahren. 3 Dioptrin auf beiden Augen. Junge, wie hast du bisher überlebt?“

Von wegen. Nichts habt ihr gesagt. Dafür musste ich erst nach 34 Jahren wegen fieser Kopfschmerzen zum Arzt. Ihr seid Freunde…

Aber nun gut. Ich nehme an, die Episode interessiert euch genau so wenig wie die Tatsache, dass ich vor dem Spiel mit Schimanski und Co. (an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für einen großartigen Abend!!) bei Nerdgesprächen im Hellas Grill das fluffigste Gyros Gelsenkirchens zu mir nahm, oder? Herrje. Ihr seid immer so auf Fussball fixiert. Nun gut. Fahren wir fort.

Wo waren wir? Näheres Betrachten. Näher betrachtet hatten wir gestern Chancen für ein 12:0. Anderseits hatten wir, und das hätte ich auch ohne Brille gesehen, ziemliches… naja… Glück beim 2:0. Und die rote Karte hätte sicherlich auch nicht jeder Schiedrichter gegeben. Vielleicht hat der Mann aus Italien ähnlich aufmerksame Freunde wie ich. Aber die Kopfschmerzen kommen in den nächsten Tagen ganz sicher.

Was aber unumstösslich ist: Wieder mal hat Keller klasse auf einen Spielerausfall reagiert und die Mannschaft umgestellt, in dem er Szalai für den verletzten Höwedes brachte. Für mich der heimliche Matchwinner. Keller, nicht Szalai. Auch wenn man hier sicher argumentieren darf, dass es gegen 11 vielleicht anders ausgesehen hätte. Aber wenn man mal davon ausgeht, dass es sein letztes Champions-League-Spiel zumindest für lange Zeit ist, was ich inzwischen (etwas leider) für unumstösslich halte, sollte man ihm zumindest DAS mal zugestehen.

Es war ein toller Fussballabend. Mit anfänglich schlechter Stimmung, die auch nachher nicht überschwänglich werden wollte, aber mit einem Spiel, dass vom Händeüberdenkopfzusammenschlagen bis hin zum befreienden Jubel einfach alles zu bieten hatte. Draxlers Dribblings, Meyers Durchsetzungsvermögen, Boatengs Übersicht; Das hatte schon teilweise etwas Artistisches. Allein der/die/das Böklunder-Zeppelin fehlte ein wenig. Aber man kann ja nicht alles haben.

(zum Originaltext von „Web 0.4“)

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de