Wann immer ein Verbrechen auf dieser Welt passiert, fragt man sich nach dem Motiv. Schnell gerät dann derjenige unter Verdacht, der vermeintlich den größten Nutzen aus dem Verbrechen ziehen könnte. Cui bono? Wem nutzt es? Wir stellen die Frage ebenfalls. Zwar nicht im Kontext eines Verbrechens, aber bezogen auf den FC Schalke 04. Wem nutzt es, dass Transfers, die der FC Schalke 04 beabsichtigt, schon vor Vertragsschluss wochenlang in den Medien diskutiert werden?

Natürlich muss man bei der Frage „cui bono?“ auch immer etwas vorsichtig sein. Denn nicht ganz unbegründet besteht die Gefahr, dass man zum Verschwörungstheoretiker wird. Dennoch ist die Fragestellung „cui bono?“ ganz gut geeignet, wenn man sich in die Gedankenwelt der „Herrschenden“ einfinden möchte. Und wer „herrscht“ auf Schalke? Hier sind in erster Linie der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies und in sportlicher Hinsicht Vorstand Horst Heldt zu nennen. Wobei letzterer wohl kaum selbst „herrscht“.

Beide haben den Namen Khedira in die Öffentlichkeit getragen. Um genau zu sein, war es erst Tönnies und dann Heldt. Und erst danach Di Matteo. Dass Di Matteo und Heldt für eine Verpflichtung Khediras sind, ist schnell einleuchtend. Beide sind ja prinzipiell für jede Verpflichtung zu haben, die den Kader verstärkt. Schließlich sind beide für die sportliche Situation verantwortlich – und nicht für die finanzielle. Für die finanzielle Situation zeigt sich Peter Peters als Vorstand Finanzen verantwortlich. Aber Peter Peters wird kaum ein Veto einlegen können gegen einen „Beschluss“ des Aufsichtsratsvorsitzenden. Zumal die wirtschaftlichen Auswirkungen auch im sogenannten Wirtschaftsausschuss des Aufsichtsrats geprüft werden sollen. Und wer sitzt in dem Wirtschaftsausschuss? Richtig: Clemens Tönnies. Gewaltenteilung „at it’s best“, möchte man meinen.

Die Außenwirkung ist also so: Clemens Tönnies findet einen Spieler aus Gründen toll und will ihn verpflichten. Er „überzeugt“ seinen Vorstand Sport von seiner grandiosen Idee und im Aufsichtsrat sorgt Clemens Tönnies in den beiden zuständigen Ausschüssen (Eil- und Wirtschaftsausschuss) selbst für grünes Licht. Und fertig ist der Transfer. Kann das sein?

Dass dabei selbst Stellungnahmen der medizinischen Abteilung – wie ganz offenbar beim Transfer von Boateng bzgl. seiner Knieprobleme geschehen – leichtsinnig ausgeblendet werden, macht die Lage nicht weniger schlimm. Wenn Horst Heldt nun behauptet, dass er der medizinischen Abteilung vertraue, dann ist das nur die eine Seite der Medaille, die andere Seite besteht daraus, ob die Hinweise auch tatsächlich ernst genommen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Zweifel sind durchaus angebracht.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Wem nützt es denn eigentlich, dass der Name Khedira so frühzeitig ins Spiel gebracht wird? Das ist freilich schwierig zu beantworten und man gerät schnell ins Reich der Spekulationen. Dem Verein FC Schalke 04 nutzt es aber offensichtlich nichts. Gar nichts. Es sei denn man möchte damit von einem anderen beabsichtigten Transfer bewusst ablenken. Das ist – wie die Vergangenheit zeigt – aber eher unwahrscheinlich, denn das Szenario zeigt sich ja nun nicht zum ersten Male. Auch beim jüngsten Transfer von Nastasic wurde dessen Name früh in die Presse lanciert. Mit welchem Ziel eigentlich? Macht man sich damit nicht selbst angreifbar? Macht man damit nicht erst Konkurrenten auf einen interessanten Spieler aufmerksam und treibt damit die Ablösesumme in die Höhe?

Irgendjemand muss also doch wohl ein Interesse daran haben, der Presse die Namen von Spielern zu nennen, die der FC Schalke 04 im Visier hat. Wer tut so etwas und warum? Man kann sich der Sache nähern, indem man sich mal anschaut, wer an einem Transfer so alles beteiligt ist. Auf Schalker Seite sind dies auf jeden Fall die Vorstände Horst Heldt und Peter Peters sowie der Eilausschuss des Aufsichtsrats, der derzeit mit Clemens Tönnies und Uwe Kemmer besetzt ist. Daneben gibt es noch den abgebenden Verein sowie Spielerberater, die sicherlich auch ein Interesse haben, den Preis ihres Mandanten in die Höhe zu treiben. Das Spielchen können Spielerberater allerdings auch nicht bis ins Unermessliche treiben, denn schließlich wollen sie, dass man auch zukünftig noch mit ihnen zusammenarbeitet.

In den Fällen Khedira und Nastasic scheint jedoch klar zu sein, dass die Namen von Schalker Seite aus an die Presse gegeben worden sind. Ich habe eindringlich versucht, mich in die Lage von Horst Heldt und Clemens Tönnies hineinzuversetzen, aber mir fällt wirklich kein einziger Grund ein, der zum Vorteil des Vereins genügt, dass diese Namen vorzeitig an die Presse gegeben werden. Mir fallen sehr viele andere Gründe ein, die aber nicht zum Wohle des Vereins und auch ehrenrührig sind und daher hier nicht näher genannt werden sollen. Möglicherweise will man sich einfach nur als „big player“ im Transferzirkus darstellen, aber was hat der FC Schalke 04 davon?

Vielleicht habe ich aber auch ganz einfach etwas übersehen. Und vielleicht erklärt mir das auch beizeiten mal jemand, der es versteht. Dann kann man mir bitte auch gleich dazu erklären, warum der FC Schalke 04 – und hier insbesondere der Aufsichtsratsvorsitzende Tönnies – ständig die Richtung und damit die Strategie ändert. Warum will man in der einen Phase auf die Jungs aus der Knappenschmiede setzen und kurz drauf wieder die Mannschaft mit Stars spicken, die acht Millionen Euro im Jahr verdienen? Warum erscheinen innerhalb von sechs Wochen diese beiden Zitate von Clemens Tönnies in der Presse: „Nach derzeitigem Stand wird kein Kracher gehen, aber auch kein Kracher kommen.“ (26.05.2014) und „Es kommt noch ein Star“ (10.07.2014)? Und warum kommt dann doch keiner mehr?

Warum will man die Strategie des FC Bayern kopieren und teure Stars kaufen – im klaren Bewusstsein, dass doch eine Kopie nie so gut sein kann wie das Original? Was ist eigentlich die Strategie des FC Schalke 04? Warum startet man im vergangenen Jahr eine großangelegte Kampagne namens „Starkes Schalke“, die den „eingetragenen Verein“ als wettbewerbsfähigen Club herausstellen soll und warum stellt dies Tönnies bereits drei Monate nach der Mitgliederversammlung wieder in Frage, winkt mit Red Bull als Drohszenario und fordert, dass der FC Schalke 04 seine Struktur als eingetragener Verein überdenken muss?

Und warum hinterfragt der restliche Aufsichtsrat nicht, was sein Vorsitzender da eigentlich so treibt? Warum gibt er immer wieder desaströse, geradezu vereinsschädigende Interviews, von denen die Schalker Presseabteilung erst nach ihrer Veröffentlichung erfährt? Warum bringt er die 1000-Euro-Beitrag-Schnapsidee an die breite Öffentlichkeit, lanciert dazu einen Artikel in der Sport-Bild, ohne dass es dazu einen Beschluss im Aufsichtsrat gibt? Warum das alles?

Cui bono?

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de