1. Bitte stellen Sie sich kurz vor!
Mein Name ist Ludger Wibbeke. Ich bin 48 Jahre alt. Meine Frau ist Ärztin/Internistin, und wir haben 4 Kinder (6 – 14 Jahre). Deren Tag der Geburt ist für jedes einzelne Kind der Tag des Eintritts als Mitglied in unseren Verein.

Prägend waren für mich als 15-jähriger Ostwestfale, dass ich dort früh im Jugendvorstands der DJK Adler Brakel mit den Sorgen und Nöten eines eingetragenen Vereins groß geworden bin. Es ging damals schon darum, Erträge und Kosten passend auszurichten. Trotzdem war der Verein wie eine 2. Heimat für meine Freunde und mich. Dort habe ich auch meine Frau kennengelernt.

Nach meiner Bankausbildung startete ich die juristische Ausbildung an der Uni Köln, die letztlich mit dem 2. Staatsexamen endete. Nach ca. 1 Jahr Tätigkeit in einer Rechtsanwaltskanzlei in Lemgo/Detmold begann ich meine Tätigkeit bei der Norddeutschen Landesbank in Hannover. Dort habe ich insgesamt 9 Jahre in verschiedenen Abteilungen ein sehr breites Wissen und viele Erfahrungen gewonnen. In den ersten 4 Jahren stand das Firmenkundenkreditgeschäft eindeutig im Mittelpunkt meiner Tätigkeit in verschiedenen Bereichen der Bank, insbesondere Bilanzanalyse, Kreditsicherheiten.

Die letzten 5 Jahre meiner dortigen Zeit bei der Landesbank war ich tätig als COO (Chief Operating Officer) und stellvertr. Leiter der Niederlassung der Bank in London. Auch hier habe ich sehr viel gelernt, insbesondere über Fehlentwicklungen am internationalen Kapitalmarkt. Parallel war ich im Vorstand einer dt./engl. Handelskammer tätig. Zudem haben mich damals die Kosten- und Ertragssituation englischer Fußballvereine sehr interessiert. Mindestens einmal habe ich dort ein Spiel in fast jedem Stadion der Premier League gesehen.

Zurück in Deutschland habe ich mich primär mit Investmentfonds in leitender Funktion bei Sal. Oppenheim in Köln beschäftigt. Diesen Schwerpunkt verantworte ich jetzt ebenso leitend bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers in Frankfurt. Die Tätigkeit hat einen eindeutigen juristischen Fokus und ist auf den Schutz von Investoreninteressen vor u.a. betrügerischen und nicht zweckgebundenen Handlungen ausgerichtet. Diese Aufgabe kann man gut vergleichen mit dem Schutz von Mitgliederrechten vor negativen Entwicklungen. Zur Zeit verantworte ich mit meinem Bereich einen Fondsbestand in Höhe von ca. 15 Mrd. EUR, davon sind diese Gelder zu 80% Immobilien investiert.

Zuletzt war ich 3 Jahre im Aufsichtsrat einer Bank tätig. Aktuell bin ich Aufsichtsrat eines Finanzdienstleistungsunternehmens.

2. Seit wann und wie regelmäßig besuchen sie Spiele des FC Schalke 04?
Mein Vater hat mir die blau-weiße Leidenschaft in die Wiege gelegt. Regelmäßig besuche in die Spiele unserer Mannschaft seit mehr als 30 Jahren. Zuerst mit meinem Vater, dann mit vielen Freunden und seit mehr als 10 Jahren auch mit den eigenen Kindern.

3. Warum stellen Sie sich als Kandidat für den Aufsichtsrat beim FC Schalke 04 zur Wahl?
Ich verfolge die Vorgänge rund um das Berger Feld schon sehr lange. Schon während meines Jura-Studiums Anfang der 1990er-Jahre habe ich mich auch für wirtschaftlich und juristische Themen interessiert. Irgendwann brodelte es so sehr in mir, dass ich überzeugt war, nicht nur als begeisteter Fan in der Kurve zu stehen, sondern es besser machen zu können als Andere. Als Aufsichtsrat kann ich meine Vorstellungen in verschiedenster Art endlich einfließen lassen und umsetzen.

4. Warum fühlen Sie sich für die Aufgaben im Aufsichtsrat geeignet?
Als Jurist und Finanzexperte seit fast 20 Jahren möchte ich meine Kenntnisse und Erfahrungen zum Wohle unseres Vereins umsetzen. Auch in Bezug auf die nötige internationale Entwicklung kann ich nach 5 Jahren am Finanzplatz London definitiv meinen Beitrag leisten. Insgesamt decke ich die notwendigen zivilrechtlichen Themen (z.B. Verträge, Gesellschafts- und Handelsrecht, Kreditsicherheiten) und zugleich finanzwirtschaftliche Themen im Zusammenhang mit der Bilanz ab.

Für mich ist der Aufsichtsrat als beratendes und kontrollierendes Organ der perfekte Platz. Hier kann ich meine Stärken einbringen.

Ich habe bereits mehrjährig in Aufsichtsräten gearbeitet. Daher habe ich in anderen Unternehmungen zahlreiche spezielle Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt. Ohne dies könnte ich diese Funktion nicht mit gutem Gewissen ausüben. Der Vorstand ist verantwortlich für die operative Geschäftstätigkeit im Tagesgeschäft. Er steht im Licht. Er muß im operativen Tagesgeschäft liefern. Der AR hält sich zurück und hat alle Zügel im Hintergrund hellwach und mit aller Konsequenz in der Hand zu halten. So steht es in unserer Satzung; gelebt wird es so nicht. Gibt es Fehlentwicklungen, die nicht dem Wohle des Vereins entsprechen, müssen konsequent Veränderungen vom Aufsichtsrat angestrengt werden.

Wichtig ist und das war in der Vergangenheit häufig das Problem, dass diese Funktion einmal erreicht und lange beigehalten wurde. Ich sehe hier große Konflikte mit der Neutralität für die Kontrollfunktion. Ich selber stehe nur 1 Wahlperiode zur Verfügung; danach müssen wieder jüngere und unverbrauchte Kräfte ran.

5. Wo sehen Sie den FC Schalke 04 sportlich und wirtschaftlich in fünf Jahren?
Meine Erwartung und auch große Hoffnung ist, dass wir durch eine erfolgreiche sportliche Zeit durch weitere regelmäßige Teilnahmen in der Champions League finanziell auf gesunden Füßen stehen. Das bedeutet, dass wir auch den ein oder anderen Titel gewonnen haben.

Aber auch, dass die Arena nur dem Verein gehört, die Anleihe ordentlich abgewickelt und der Verschuldungsgrad weit unter die 100 Mio. EUR zurückgefahren werden kann. Extrem wichtig ist für mich der schnelle Ausbau unserer Knappenschmiede. Hier müssen wir in den nächsten max. 1-2 Jahren umsetzen, um auf dieser starken Basis den Verein voranzubringen. Höhere TV-Einnahmen und höhere Vermarktungserfolge in Ausland werden für uns enorm wichtig. Erträge aus Merchandising müssen ebenso durch den Verkauf von Fanartikel im In- und Ausland erheblich erhöht werden.

6. Wie stehen Sie persönlich zum Wahlausschuss?
Ich kannte bis zu meinem Vorstellungsgespräch kein Mitglied des Wahlausschusses. Ich war sehr positiv überrascht, wie qualifiziert wir über die wirtschaftliche Situation des Vereins diskutiert haben. Ich begrüße, dass die bisherigen beiden Aufsichtsratsmitglieder keine 2. Chance bekommen. Mit dem Wahlausschuß hat der Verein eine wichtige Funktion, da er eine Vorauswahl für die Mitgliederversammlung vornimmt. Da die Mitglieder des Wahlausschusses ja auch von der Mitgliederversammlung gewählt wurden, ist diese Struktur hervorragend demokratisch legitimiert.

Dass der Wahlausschuß auch bei den Kooptationen zustimmen muß, findet meine ausdrückliche Zustimmung.

7. Haben Sie bisher Kontakt zu Vorstands- oder Aufsichtsrat Personen des FC Schalke 04 gehabt?
Nein. Ich neutral und damit bestens geeignet mit frischen Wind meine Themen umzusetzen. Ich bin wirtschaftlich unabhängig und verfolge keine persönlichen Interessen mit meiner Wahl.

8. Was wollen Sie besser als Ihre Vorgänger im Aufsichtsrat machen?

Ich bin enttäuscht, dass bisher die Potentiale dieses Clubs nicht gehoben wurden. Stattdessen wurde z.B. der Viagogo-Vertrag geschlossen. Alle reden von „wir sind Schalker“, aber die Interessen des Vereins wurden bei diesem Beispiel mit Füßen getreten. Wie abgehoben waren die Verantwortlichen im Vorstand und im Aufsichtsrat hierbei.

Ich möchte mich beratend, unterstützend und kontrollierend auf besonders 4 Themen stürzen und sie umsetzen (!), nicht nur ansprechen und voranbringen:

1. Ausbau unseres Juwels der Knappenschmiede und damit die Fortführung der erfolgreichen Jugendarbeit in sämtlichen Bereichen mit Fokus auf Talentsichtung, sportliche und persönliche Entwicklung unserer zukünftigen Spieler als sich mit dem Verein identifizierende Schalker.

2. Endlich muß der Auftritt unseres Vereins in der Öffentlichkeit verbessert werden. In die Kameralichter gehört der Vorstand mit einem Vorsitzenden und sicher nicht der Aufsichtsratsvorsitzende. Wir brauchen keine Sonnenkönige im Aufsichtsrat, Herr Tönnies. Dorthin gehören Fach-Experten, die an den wichtigen Stellschrauben zum Wohle unseres Vereins im Hintergrund drehen.

3. Um unsere Ertragssituation massiv zu verbessern, müssen wir neue Märkte weltweit erobern. Dort warten Schalker wie Du und ich. Die Absage der offensichtlich unprofessionell vorbereiteten Asienreise ist super peinlich, das geht gar nicht. Bitte nicht so dilettantisch, Herr Jobst. So verpennen wir diese sehr wichtige Entwicklung in der Auslandsvermarktung.

Schon mit unserer gigantischen Stimmung in der Arena sind wir einzigartig. Wir haben fast 140.000 Mitglieder, sind einer der 3 Bundesliga-Vereine mit mehr als 1 Mio. Zuschauer bei unseren Heimspielen im Stadion in der letzten Saison und unser Verein ist ebenso der 3. wertvollste Verein der Liga. Das müssen wir international präsentieren. Wir müssen mit unseren Trainingslagern dorthin fahren, wo unsere neuen Fans sind, und nicht nach Katar. Diese höheren Erträge brauchen wir unbedingt für unsere wirtschaftliche Gesundung des Vereins. Dann wird es auch gelingen, Preise für Tickets, Currywurst und Bier in der Arena stabil zu halten.

4. Wir sind Schalker. Letztlich zählt alles Nichts, wenn wir nicht zusammenhalten. Wir wollen die Mannschaft, uns Fans und den gesamten Verein feiern. Blutleeres Auftreten der Mannschaft oder Einzelner in unserem Verein darf es nicht geben. Diesen Zusammenhalt wieder herzustellen muß unser Ziel sein. Dem steht nicht entgegen, dass wir sachlich intelligent und vernünftig handeln.

9. Wie stehen sie zu der 50+1-Regelung? Und wie beurteilen sie die Rechtsform eingetragener Verein im Profi-Fußball?
Ich sehe ernsthaft keine Alternative zu der bisherigen 50+1-Regelung. Ich habe mich mit diesen Verhältnissen in meiner London-Zeit beschäftigt. Für mich sind dies dort keine gesunden Strukturen. Genauso wie die aktuelle 50+1-Regelung in der Bundesliga hat auch der eingetragene Verein seine Berechtigung und steht aus meiner Sicht nicht zur Debatte. Mit dieser Vereins-Struktur können wir unsere Ziele alle erreichen. Wenn wir damit erfolgreich sind, brauchen wir keine Veränderung.

10. Welche Meinung haben sie zu einer möglichen Ausgliederung der Profi-Abteilung?
Diese Ausgliederung steht nicht an. Wir sollten uns mit der Optimierung von Erträgen und Kosten intensiv und erfolgreich beschäftigen, dann können wir unsere Verbindlichkeiten zurückführen.

Ich sehe uns als eingetragenen Verein auch so in der Zukunft, wenn wir diese Ziele erreichen. Wir brauchen keine Ausgliederung speziell in unserem Verein, um sportlich und wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

11. Wie sehen sie die Rolle von kooptierten Mitgliedern im Aufsichtsrat?
Grundsätzlich sollte es solche kooptierten Mitglieder im Aufsichtsrat nicht geben. Nur in Ausnahmefällen darf diese Möglichkeit genutzt werden, um z.B. kurzfristig externes Know-How einzubinden. Die Zahl dieser Mitglieder muss unbedingt beschränkt werden. Sie darf bei Abstimmung den von der Mitgliederversammlung gewählten Mitgliedern nicht überstimmen.

Wie bereits erwähnt, die notwendige Zustimmung des Wahlausschusses halte ich für sehr wichtig.

12. Wie sehen sie das Leitbild auf Schalke umgesetzt? Wie würden sie es in der Zukunft anwenden wollen?
Am Allerwichtigsten ist, dass die Inhalte des Leitbilds, zu dem sich viele ehrenamtliche überzeugte Schalker sich getroffen haben, auch gelebt werden. Sonst war der große Aufwand überflüssig.

Das Leitbild muß die Plattform sein, auf der der Vorstand und der Aufsichtsrat arbeiten können sowie sich die Mitglieder und ihre Gruppierungen verlassen können.

Hinweis
Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de