Alleine die große Teilnehmeranzahl hat bereits ein großes Zeichen gesetzt. Dieses wurde durch gute Redebeiträge bei der Abschlusskundgebung noch einmal untermauert. Hier sind die drei Redebeiträge zum nachlesen:

Redebeitrag der Schalker Faninitiative e.V.:

„In unserer aktuellen Ausgabe steht auf dem Titelbild: ,,Bleiben Sie ruhig! Wir verprügeln Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit!” Polizeiliche Gewalt – das ist wohl die Moral von der Geschicht’ – muss sich nicht rechtfertigen. Und wenn sie sich rechtfertigt, dann genügen offenbar an den Haaren herbeigezogene Argumente.

In der Nordkurve sind über 80 Personen durch polizeiliche Gewalt verletzt worden. Durch Pfefferspray und Knüppeleinsatz! Eine betroffene Person ist eine junge Mutter, die durch das Pfefferspray einen Asthma-Anfall erlitt und mit Atemstillstand auf die Intensivstation eingeliefert worden ist. Wegen einer Fahne! Und das ganze vor über 50.000 Zeugen! 80 Personen sind verletzt worden. 80 Verletzte, die bis dahin friedfertig ein Champions League-Qualifikationsspiel verfolgt haben. 80 Verletzte, die sich bis dahin wahrscheinlich noch nie mit dem politischen Konflikt zwischen Mazedonien und Griechenland beschäftigt haben. Schon gar nicht während eines Fußballspiels. 80 Verletzte, die nun von der Polizei-Einsatzleitung zu ,,Zweckverursachern” abgestempelt wurden. 80 Verletzte, die in den letzten 12 Jahren in der Nordkurve keinen Polizisten mehr gesehen haben, weil es auch gar keinen Grund dafür gab. 80 Verletzte, bei denen teilweise sogar die Rettungssanitäter von der Polizei daran gehindert wurden, dass sie ihnen helfen können.

Und der Innenminister Ralf Jäger will uns und der breiten Öffentlichkeit nun weismachen, dass dieser Einsatz tatsächlich notwendig war? Dass es nicht möglich war, die griechischen Fans zu beruhigen und man daher lieber mit 150 Kräften in die volle Nordkurve ging? Dass der Platz sonst von griechischen Fans gestürmt worden wäre? Dass sogar umgekehrt die Ultras ein Sicherheitsproblem darstellen? Und dass doch bitte sowieso die Vereine an allem schuld sind und die armen Polizisten durch die vielen Wochenendeinsätze schon gestresst genug sind? Dass die Polizeieinsätze von den Vereinen auch noch bezahlt werden sollen?

Wer glaubt denn, dass es hier wirklich um die Sicherheit der Fans ging? Hinter all dem steckt doch politisches Kalkül. Ein abgrundtief populistisches Kalkül!

Die Polizei und das Innenministerium besitzen keine Fehlerkultur. Und warum? Weil erst gar keine Fehler passieren. Es handelt sich nämlich nicht um Fehler, sondern um ,,notwendige polizeiliche Maßnahmen”. Und die Einschätzung zur Notwendigkeit wird dabei frei Haus mitgeliefert.

Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Basta! Punkt. Aus. Ende der Diskussion.

Die über 80 verletzten ,,Zweckverursacher” warten übrigens bis heute auf eine Entschuldigung. Das ist kein Kalkül. Das ist einfach nur beschämend.

Glückauf!“
 
 

Redebeitrag der Schalker Fanprojektes:

„Liebe Schalkerinnen, liebe Schalker,

es freut mich, so viele von Euch zu sehen, die für dieses wichtige Thema auf die Straße gehen. Für alle die mich nicht kennen: mein Name ist Hendrik Jochheim, ich bin seit über 2 Jahren beim Schalker Fanprojekt als Sozialarbeiter beschäftigt.

Auch ich war am 21.8. in der Veltins Arena, nicht nur als Fan, sondern vor allem beruflich. Ich war genauso schockiert wie Ihr von dem, was wir dort erleben mussten. Ich gehe seit dem ersten Spiel 2001 in die Arena und habe dort sehr viele Spiele gesehen. Noch nie zuvor habe ich erlebt, dass es zu einem Polizeieinsatz in der Nordkurve gekommen ist.

Dies führte laut dem Deutschen Roten Kreuz zu 87 Verletzten, die behandelt werden mussten – uns ist unklar, ob die Sanitäter, die im Verlauf des Polizeieinsatzes verletzt wurden, bereits durch diese Zahl erfasst sind. Darüber hinaus müssen wir davon ausgehen, dass Einzelne eine Behandlung aus Angst vor Repressalien vermieden haben. Unter diesen Verletzten waren nicht nur aktive jugendliche Fans, sondern auch viele Erwachsene, darunter auch Frauen und auch Kinder.

Mir persönlich sind Menschen bekannt, die zwar nicht körperlich zu Schaden gekommen sind, aber in den darauf folgenden Tagen psychologische Hilfe benötigten, um das Erlebte zu verarbeiten.

Nach außen hin wirkte es so, als wäre der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken durch manche Beamte wahl- und ziellos erfolgt. Nicht als Verteidigung oder als Reaktion auf Angriffe. Diesen Eindruck kann man auch gewinnen, wenn man die vielen Videos sichtet, die couragierte Schalker mit ihren Smartphones aufgenommen haben.

Als Schalker Fanprojekt wehren wir uns gegen jegliche Form der Gewalt. Wir glauben, dass ein Fußballspiel auch friedlich ablaufen kann. Das es sich nun so darstellt, als sei ausgerechnet die Polizei, welche, das möchte ich noch einmal anmerken, durch unsere demokratisch verfasste Gesellschaft beauftragt wird, uns zu beschützen, verantwortlich für eine der größten Eskalationen in der neueren Vereinsgeschichte sein soll, hat nicht nur Herrn Innenminister Jäger wachgerüttelt.

Nun ist aber weder zielführend noch angemessen, die Schalker Fanszene als potentiell gefährlich abzustempeln und erneut die Drohkulisse der gefährlichen Stadien aufzubauen. Auch ein Herr Jäger beansprucht für sich, wie viele unter den 60.000, die regelmäßig den Schalkern beim Kicken zusehen, einen friedlichen Nachmittag zu verbringen, vielleicht auch mit seinem Sohn. Wie erklärt Herr Jäger nun aber zuhause einen solchen Polizeieinsatz?

Auch ist es nicht zielführend, nun vorab zu verkünden, dass seitens der Polizei keine Fehler passiert seien und das Verhalten aller Beamten korrekt war. Allein die große Zahl der Verletzten, auch unter offensichtlich Unbeteiligten, spricht dagegen. Fehler und falsche Entscheidungen passieren; es wäre an der Zeit, auch mit dieser Möglichkeit offen und transparent umzugehen.

Das Schalker Fanprojekt schließt sich der Forderung einer unabhängigen und lückenlosen Aufklärung der Ereignisse vom 21. August an. Viele Fragen sind ungeklärt:

  • Wie kam es zu dem Polizeieinsatz? Gibt es Verantwortliche? Wer waren diese?
  • War der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken angemessen?
  • Kam es zu Fällen von Körperverletzung im Amt oder Überschreitung der Notwehr?
  • Ist die Polizei oder das Innenministerium bestrebt, diesen Fragen mit Hilfe des Strafrechts nachzugehen?
  • Wir gehen davon aus, dass der Einsatz nicht nur durch Dritte, sondern auch durch die modernste Überwachungstechnik der Liga dokumentiert wurde.
  • Was helfen uns aber diese Mitschnitte, wenn einzelne Polizeibeamte Straftaten begehen?
  • Deswegen fordern wir erneut, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte und amnesty international, die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte – in NRW und überall!

    Liebe Schalkerinnen und Schalker, es ist wichtig, dass wir heute hier sind und dass wir laut sind – dieses Thema geht Euch nicht nur als Fans etwas an, sondern auch als Bürger, Steuerzahler und Wähler. Es ist dringend nötig, dass die Ereignisse vom 21. August aufgearbeitet werden – mit allen Beteiligten an einem Tisch und transparent für die Öffentlichkeit. Für weitere Gespräche sind wir offen!

    Glück auf!“
     
     

    Redebeitrag der Supporterclubs:

    „Glückauf liebe Schalkerinnen und Schalker,

    seit dem Saloniki-Spiel wurden durch Politik und Polizei geschickt zahlreiche Nebelkerzen gezündet und Ablenkungsmanöver lanciert, um von den eigentlichen Fragen, die es zu beantworten gab und immer noch zu beantworten gibt, abzulenken.

    Es ging doch – das wissen wir alle – nie um eine volksverhetzende Fahne. Es ging doch nie um durchdrehende und eskalierende Griechen. Niemals war zu irgendeinem Zeitpunkt ein Fernbleiben der Polizei aus der Arena wirklich beabsichtigt. Und die Frage nach der Finanzierung von Polizeieinsätzen steht in jedem Wahlkampf ganz oben auf der Agenda.

    Nein, am Ende ging und geht es um über 80 Bürger dieses Landes, die aufgrund eines unverhältnismäßigen Einsatzes der Polizei zu Schaden gekommen sind und verletzt wurden. All diese Nebenkriegsschauplätze lenkten aber ganz wunderbar von dem ab, was unsere eigentliche Aufgabe ist., lenkten von dem ab, was wir NICHT vergessen dürfen und nicht vergessen werden. Nämlich zu fragen. Zu fragen, um am Ende Antworten zu erhalten:

    Herr Sitzer, Ihre Pressestelle hat als Begründung für den massiven Polizeieinsatz den Tatbestand der „Volksverhetzung“ genannt. Wird in dieser Richtung derzeit eigentlich ermittelt? Gegen wen? Wäre es nicht an der Zeit diesen absurden Vorwurf zurückzuziehen und sich bei den Verletzten zu entschuldigen?

    Herr Sitzer, wurde die Gefahrenlage richtig eingeschätzt und das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Einsatzmittel der Polizei eingehalten? Sind sie immer noch der Überzeugung, dass die Aggressionen von Schalke-Fans ausgingen, so dass diese den massiven Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock notwendig werden ließen??

    Frau Kraft, ist es richtig, dass sie die Anwendung körperlicher Gewalt, die Sperrung der Ausgänge und Fluchtwege mit dem Potenzial einer Massenpanik, die Anwendung chemischer Waffen – um zum anschließenden Blocksturm Platz zu haben sowie die verbale Kriminalisierung einer ganzen Fankurve befürworten?

    Herr Jäger, Danke für ihre kabarettistischen Einlagen, sie machen Herrn Wendt Konkurrenz. Aber mal ernsthaft: wie stehen sie zu der von Polizeiwissenschaftler Prof Feltes in aller Deutlichkeit geäußerten Kritik, ihr Vorschlag, in der Arena keine Polizeikräfte mehr einzusetzen, sei rechtswidrig?

    Herr Jäger, sind sie der Ansicht, die Polizei habe bei diesem Einsatz in jeder Hinsicht verantwortungsvoll, umsichtig und deeskalierend gehandelt?

    Und am Ende auch an sie noch eine Frage, Herr Peters: Warum sind sie am vergangenen Samstag eigentlich eigennickt? Warum haben sie ihre berechtigte Kritik am Polizeieinsatz zurückgezogen? Und wenn es dafür wirklich Gründe geben sollte, warum sagt man (uns) diese nicht?

    Diese Fragen – und derer noch viele mehr – müssen wir weiter stellen. Immer und immer wieder. Es scheint gewiss, dass man die Sache ausSITZERn will. Aber ohne uns! Wir werden weiter bohren!

    Irgendetwas ist an diesem Abend ganz fürchterlich schief gelaufen. Und warum auch immer scheint man, auch drei Wochen später, mit der Wahrheit immer noch nicht wirklich rausrücken zu wollen. Oder nicht zu können. Das berechtigt uns jedoch nicht zu vergessen.

    Menschen- und Bürgerrechte enden nicht am Stadiontor. Unrecht bleibt Unrecht – Und unsere Kurve kein rechtsfreier Raum. Das gilt für ALLE. Auch für die Polizei!!!

    Glückauf.“

    Hinweis
    Aufgrund der positiven Resonanz noch einmal der Hinweis, dass jeder Schalker die Möglichkeit hat Texte an folgende E-Mail Adresse zu senden: info@schalkermarkt.de